Die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts spricht den 2020 des qualifizierten Waschens von rund 194 Mio. Euro angeklagten ehemaligen CEO A. der Schweizer Bank B. mangels genügender Beweise für das Bestehen der angeblichen Vortat (Veräusserung der vom arabischen Geschäftsmann X. und zugleich Verwaltungsrat bzw. Verwaltungsratspräsident des arabischen Finanzinstituts C. privat gehaltenen Y-Aktien und «Certain Rights» an dieselbe C. zu einem überhöhten Preis im Sinne einer ungetreuen Geschäftsbesorgung) in dubio pro reo frei. Zufolge des Fehlens einer Geldwäscherei-Vortat und damit einer Anlasstat gemäss Art. 102 StGB erfolgt zweitinstanzlich auch für die Schweizer Bank B., der vorgeworfen wurde, die angeklagten Geldwäschereihandlungen wegen Desorganisation ermöglicht bzw. nicht verhindert zu haben, ein Freispruch.
Das Urteil CA.2022.12 vom 28. Juni 2023 betrifft die Berufung der Bundesanwaltschaft und von B. sowie die Anschlussberufung von A. gegen das Urteil der Strafkammer SK.2020.21 vom 15. Dezember 2021.
Anklagevorwürfe
Die Anklage wirft dem 66-jährigen Schweizer A. zusammengefasst vor, in seiner damaligen Funktion als CEO sowie «Global Head Private Banking» der Schweizer Bank B., zwischen 2012 und 2016 Vermögenswerte im Umfang von EUR 133 Mio. auf in- und ausländische Geschäftsverbindungen transferiert und EUR 61 Mio. an Zahlungen zum Erwerb von Luxusfahrzeugen und ausländischen Immobilien des separat beschuldigten arabischen Geschäftsmannes X. vorgenommen zu haben. Die genannten Vermögenswerte (EUR 61 Mio. und EUR 133 Mio.) sollen dabei von Letzterem zuvor unrechtmässig i.S.v. ungetreuer Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 und Abs. 3 StGB) erlangt worden sein. Dies sei dadurch erfolgt, dass X. als Geschäftsführer der geschädigten Gesellschaft C. dieser seine privat gehaltenen Y-Aktien und «Certain Rights» zu einem weit überhöhten Preis veräussert habe, um seinen privaten Buchverlust mit Y-Aktien auszugleichen. Damit habe er seine Vermögensfürsorgepflicht gegenüber C. verletzt. Der C. sei damit ein Schaden von EUR 148 Mio. entstanden, während X einen entsprechenden unrechtmässigen Vermögensvorteil erzielt habe. Anschliessend soll X. die Vermögenswerte zur Verschleierung der verbrecherischen Herkunft abgebucht bzw. über mehrere Bankverbindungen transferiert haben. Der beschuldigte Ex-CEO A. soll dabei von der verbrecherischen Herkunft der Vermögenswerte gewusst haben, weshalb er sich in Mittäterschaft zum separat verfolgten X. der qualifizierten Geldwäscherei gemäss Art. 305bis Ziff. 1 und 2 StGB schuldig gemacht habe. Insgesamt forderte die Anklage für den Beschuldigten A. eine bedingte Freiheitsstrafe von 21 Monaten, sowie eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je CHF 1'000 (Probezeit je 2 Jahre) sowie die Errichtung einer Ersatzforderung von gut CHF 85’000.
Der Bank B. wurde von der Anklage zusammengefasst eine strafrechtlich relevante Desorganisation gemäss Art. 102 Abs. 1 und 2 StGB vorgeworfen. Dies weil sie weder eine geeignete Funktionentrennung, die Umsetzung von internen geldwäschereipräventiven Weisungen, eine unabhängige Compliance zur Überwachung von risikobehafteten Geschäftsbeziehungen sichergestellt noch Interessenkonflikte vermieden habe. Dadurch sei die Begehung der Anlasstat (qualifizierte Geldwäscherei) erst ermöglicht worden, was eine entsprechende Strafbarkeit als verantwortliches Unternehmen zur Folge habe. Insgesamt forderte die Anklage für die Bank B. eine Busse von CHF 2 Mio sowie die Errichtung einer Ersatzforderung von CHF 7 Mio.
Erstinstanzliches Urteil
Mit Urteil SK.2020.21 vom 15. Dezember 2021 bejahte die Strafkammer des Bundesstrafgerichts zwar das Vorliegen einer tauglichen Vortat zur Geldwäscherei im Sinne einer durch X. begangenen qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung. Die Strafkammer erachtete auch die übrigen objektiven Tatbestandsmerkmale der Geldwäscherei durch A. und X. in Mittäterschaft (Transaktionen als geldwäschereirelevante Verschleierungshandlungen) als erstellt. Sie verneinte jedoch den (Eventual-)Vorsatz des Beschuldigten A. bezüglich der Vortat bzw. des kriminellen Ursprungs der betreffenden Vermögenswerte und sprach ihn folglich vom Vorwurf der qualifizierten Geldwäscherei frei.
Bezüglich der Bank B. bejahte die Strafkammer das Vorliegen einer strafrechtlich relevanten Desorganisation (Art. 102 Abs. 1 und 2 StGB) im Sinne der Anklage. So habe die Bank B. die gesetzlich (durch das GwG und dessen Ausführungsbestimmungen) vorgesehenen erforderlichen Massnahmen zur Geldwäschereiprävention nicht umgesetzt und insbesondere keine Funktionentrennung (A. fungierte gleichzeitig als CEO der Bank, als Chef «Clients» wie auch als Chef der Untergruppe «Private Banking International» und schliesslich als persönlicher Kundenberater von X.) oder unabhängige Compliance zur Überwachung von risikobehafteten Geschäftsbeziehungen sichergestellt oder für die Vermeidung von Interessenkonflikte gesorgt, wodurch die Begehung der Anlasstat (qualifizierte Geldwäscherei) durch X. erst ermöglicht worden sei. Folglich sprach die Strafkammer die Bank B. der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gemäss Art. 102 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 305bis Ziff. 1 und 2 StGB schuldig, auferlegte ihr eine Busse von CHF 3.5 Mio und begründete eine Ersatzforderung zu Gunsten des Staates von CHF 7.2 Mio.
Berufungsurteil
Mit Urteil CA.2022.12 vom 28. Juni 2023 spricht die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts sowohl A. als auch die beschuldigte Bank B. von sämtlichen Anklagevorwürfen frei. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz erachtet die Berufungskammer die inkriminierten Transfers von insgesamt EUR 133 Mio. via einen Fonds mittels Zwischenschaltung von Offshore-Gesellschaften an natürliche und juristische Drittpersonen sowie die 78 Abbuchungen vom Nummernkonto von X. im Umfang von EUR 61 Mio. grundsätzlich als geldwäschereirelevante Verschleierungshandlungen. Hinsichtlich der Vortat (ungetreue Geschäftsbesorgung) werden sämtliche von der Anklage dokumentierten Geldflüsse als erstellt betrachtet. Die Berufungskammer hat jedoch unüberwindliche Zweifel an der Unrechtmässigkeit der besagten Transaktion der Y-Aktien und «Certain Rights» (Täuschung der Verantwortlichen der C.). Einerseits sieht die Berufungskammer die angebliche Wertlosigkeit der «Certain Rights» im Rahmen der Y-Aktientransaktion aufgrund gegenteiliger Anhaltspunkte nicht als erwiesen an. Des Weiteren lässt sich – u.a. aufgrund gegenteiliger Hinweise – nicht rechtsgenüglich erstellen, dass die Verantwortlichen der C. nicht gewusst hätten, dass X. der Verkäufer der Aktien und «Certain Rights» war bzw. sie dahingehend durch X. getäuscht wurden. Schliesslich lässt sich eine Schädigung der C. beweismässig nicht rechtsgenüglich erstellen. Damit fehlt es am Bestehen der Vortat als notwendiges objektives Tatbestandselement von Art. 305bis StGB, womit für den Beschuldigten A. ein Freispruch zu erfolgen hat. Überdies folgt die Berufungskammer der Vorinstanz in der Annahme, dass – selbst wenn die Vortat bejaht worden wäre – es beim Beschuldigten A. zudem am (Eventual-)Vorsatz bezüglich der Vortat (Unrechtsmässigkeit der Transaktion der Y-Aktien und «Certain Rights») fehlte.
Bezüglich der Bank B. bejaht die Berufungskammer in Übereinstimmung mit der Vorinstanz und der FINMA eine strafrechtlich relevante interne Desorganisation von gewisser Tragweite im Sinne der Anklage. Da es an einer Vortat i.S.v. Art. 305bis StGB und damit an einer Anlasstat i.S.v. Art. 102 Abs. 1 und 2 StGB fehlt, entfällt jedoch die entsprechende Strafbarkeit. Schliesslich ist für das Gericht darüber hinaus nicht rechtsgenüglich erwiesen, dass X. (anders als A.) im Rahmen der Y-Aktientransaktion «in geschäftlicher Verrichtung im Rahmen des Unternehmenszwecks» i.S.v. Art. 102 Abs. 1 StGB gehandelt habe. Im Ergebnis erfolgt somit auch für die Bank B. ein Freispruch.
Gegen das noch nicht rechtskräftige Urteil der Berufungskammer steht den Parteien nach Erhalt der vollständigen schriftlichen Begründung das Rechtsmittel der Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht offen.
Beilagen: Dispositiv CA.2022.12 vom 30.06.2023
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