Die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts spricht einen 2018 des Waschens von rund 22 Mio. Euro Bestechungsgeldern in 96 Punkten angeklagten ehemaligen Bankangestellten in 4 Anklageziffern schuldig und bestätigt diesbezüglich ein bandenmässiges Zusammenwirken im Sinne von Art. 305bis Ziff. 2 lit. b StGB (schwerer Fall). Im Übrigen spricht sie den Beschuldigten in 68 Anklagepunkten zufolge fehlenden Vorsatzes bezüglich der verbrecherischen Herkunft der inkriminierten Gelder in dubio pro reo frei. Für den Beschuldigten wird im Ergebnis eine bedingte Geldstrafe von 360 Tagessätzen à Fr. 400.-- (Probezeit 2 Jahre) als angemessen erachtet. Dabei trugen die lange Dauer des Verfahrens wie auch Unregelmässigkeiten in der Verfahrensführung durch die Strafverfolgungsbehörden zur Reduktion des Strafmasses bei.
Das Urteil CA.2020.7 vom 7. Juni 2023 betrifft die Berufung des Beschuldigten gegen das Urteil der Strafkammer SK.2018.37 vom 8. Oktober 2019.
Anklagevorwürfe
Die Anklage wirft dem 55-jährigen deutsch-griechischen ehemaligen Bankangestellten in den 96 Anklagepunkten zusammengefasst vor, in Zürich zwischen Dezember 2003 und April 2012 als Mitglied einer mutmasslich aus diversen Komplizen bestehenden Bande für einen in Griechenland zwischenzeitlich strafrechtlich rechtskräftig verurteilten ehemaligen griechischen Verteidigungsminister Bestechungsgelder aus einem militärischen Waffendeal (Kauf eines Flugabwehrraketensystems) im Umfang von insgesamt rund 22 Millionen Euro gewaschen zu haben. Dies indem er gemäss Anklage bankintern über 13 Jahre lang zur Verschleierung des kriminellen Ursprungs der Gelder bewusst falsche Angaben zu deren Herkunft und Verwendung gemacht sowie diverse Personen (Strohmänner) und (Offshore-)Firmen vorgeschoben habe. Schliesslich habe der Beschuldigte für sich und einen seiner Komplizen insgesamt rund eine Million Euro abgezweigt. Weiter wirft die Anklage dem Beschuldigten vor, zwischen Juli 2010 und November 2011 unter dem Vorwand fingierter Kunstgeschäfte von Konten der betreffenden Bank via 2 Offshore-Firmen einen Betrag von insgesamt EUR 960'000.-- zum Nachteil des wirtschaftlich Berechtigten (ebenfalls Mitglied der besagten Bande) veruntreut zu haben. Insgesamt forderte die Anklage ursprünglich eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 34 Monaten, wovon 20 Monate bedingt und 14 Monate unbedingt zu vollziehen seien, sowie eine Geldstrafe von 600 Tagessätzen à Fr. 400.--. Der Beschuldigte befand sich während des Vorverfahrens ab Dezember 2014 knapp ein Jahr lang in Untersuchungshaft, kam jedoch später gegen Kaution frei.
Erstinstanzliches Urteil
Mit Urteil SK.2018.37 vom 8. Oktober 2019 sprach die Strafkammer des Bundesstrafgerichts den Beschuldigten im Zusammenhang mit den fingierten Kunstgeschäften vom Vorwurf der Veruntreuung frei. Bezüglich der Vorwürfe der qualifizierten Geldwäscherei stellte die Vorinstanz das Verfahren in 20 Anklagepunkten zufolge Verjährung ein und sprach den Beschuldigten zudem in 4 Anklagepunkte frei. Bezüglich der übrigen 72 Anklagepunkten erachtete sie die Anklagevorwürfe als erstellt. Betreffend die verbrecherische Herkunft der mutmasslich gewaschenen Gelder (Vortat) stellte sie auf das Urteil des erstinstanzlichen griechischen Strafgerichts vom 7. Oktober 2013 ab, mit welchem der ehemalige griechische Verteidigungsminister und seine Komplizen wegen gewerbs- und bandenmässig organisierten Waschens von Bestechungsgeldern im Umfang von 81 Mio. Euro zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden waren und bejahte die Einziehbarkeit der besagten Gelder. Sie erachtete sämtliche inkriminierten Finanz-Transaktionen als erstellt und dem Beschuldigten zurechenbar. Als Bankmitarbeiter (verantwortlicher Kundenberater des investierenden Strohmannes) habe er die Kompetenz zur Veranlassung dieser Transaktionen gehabt und daher von einer privilegierten Stellung und «Insiderwissen» profitiert. Insbesondere attestierte die Vorinstanz dem Beschuldigten, die verbrecherische Herkunft der anklagerelevanten Vermögenswerte von Anfang an (d.h. ab 1999) mindestens eventualvorsätzlich in Kauf genommen und ab Erscheinen der ersten einschlägigen griechischen Presseartikel im Mai/Juni 2010 zum besagten Waffenkauf-Bestechungsskandal diesbezüglich direktvorsätzlich Kenntnis gehabt zu haben. Im Ergebnis verurteilte die Vorinstanz den Beschuldigten zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, wovon je 15 Monate bedingt (Probezeit von 2 Jahren) bzw. unbedingt vollziehbar, sowie einer bedingten Geldstrafe von 250 Tagessätzen à Fr. 1'000.--.
Berufungsurteil
Mit Urteil CA.2020.7 vom 7. Juni 2023 spricht die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts den Beschuldigten nun in weiteren 68 von 72 verbleibenden Anklagepunkten frei und fällt bezüglich 4 Anklageziffern Schuldsprüche aus. Im Gegensatz zur Vorinstanz erachtet die Berufungskammer den angeblichen Eventualvorsatz des Beschuldigten bezüglich der verbrecherischen Herkunft der besagten Gelder in der Zeit ab 1999 bis Juni 2010 nicht als rechtsgenüglich erwiesen, was in Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo zu Freisprüchen bezüglich sämtlicher zeitlich vorgelagerter Anklagevorwürfe führt. Dies unter anderem weil trotz zusätzlicher Beweiserhebungen nach wie vor nicht abschliessend geklärt werden konnte, welcher Stelle die im Zusammenspiel von diversen bankinternen Compliance-Kontrollmechanismen die «Endverantwortung» oblag bzw. inwiefern der Beschuldigte als Kundenberater des investierenden Strohmannes ein Aktivwerden der zuständigen Compliance-Verantwortlichen konkret vereitelt hätte. Aufgrund der vorhandenen und verwertbaren Beweismittel liess sich die Kenntnis der verbrecherischen Herkunft der Gelder bzw. die Inkaufnahme einer solchen Herkunft durch den Beschuldigten in diesem Zeitraum nicht erstellen. Hingegen erachtet es die Berufungskammer ab dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Waffenkauf-Bestechungsskandals um den ehemaligen griechischen Verteidigungsminister und dessen auffälligen Immobilieninvestitionen in der griechischen Medienöffentlichkeit aufgrund der vorgenommenen Handlungen durch den Beschuldigten unter den gegebenen Umständen (insbesondere die durch den Beschuldigten und seine Komplizen fingierten Kunsttransaktionen sowie die Zwischenschaltung einer Offshoregesellschaft und eines zusätzlichen Strohmannes) als rechtsgenüglich erwiesen, dass der Beschuldigte spätestens ab Anfang Juli 2010 um die verbrecherische Herkunft der Gelder wusste. Ebenso erachtet die Berufungskammer das bandenmässige Zusammenwirken der besagten Komplizen spätestens ab demselben Zeitpunkt als rechtsgenüglich erstellt. Die Berufungskammer erachtet für den Beschuldigten eine bedingte Geldstrafe von 360 Tagessätzen à Fr. 400.-- (Probezeit von 2 Jahren) als angemessen. Dabei trugen die lange Dauer des Verfahrens wie auch Mängel in der Verfahrensführung durch die Strafverfolgungsbehörden zur Reduktion des Strafmasses bei.
Gegen das noch nicht rechtskräftige Urteil der Berufungskammer steht den Parteien nach Erhalt der vollständigen schriftlichen Begründung das Rechtsmittel der Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht offen. Für den Beschuldigten gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung.
Beilagen: Dispositiv CA.2020.7 vom 14.06.2023
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